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12.10.2016Akademie

Sachkundelehrgang zur Aufbereitung von Medizinprodukten – auch eine sinnvolle Investition für Praxisinhaber/Innen?

MP OP

Bei Informationsveranstaltungen für Zahnärzte zum Thema „Begehungen zur Kontrolle der Aufbereitung von Medizinprodukten“ erlebe ich es immer wieder, dass die meisten Kolleginnen und Kollegen die Auffassung vertreten, dieses Thema könne man getrost an die Mitarbeiter delegieren. Man müsse sich nicht auch noch damit beschäftigen. 

Schließlich habe man ja nicht Zahnmedizin studiert, um sich mit Qualitätsmanagement, technischen Details der Geräte und Prozessen zur Aufbereitung, Abfallentsorgung usw. auseinanderzusetzen. Von der Problematik der oft wechselnden Gesetzeslage und den landesspezifischen Unterschieden einmal ganz abgesehen.

So weit, so gut! Die gesetzlichen Vorgaben und verbindlichen Empfehlungen geben Ihnen ja auch nur auf, dass Ihre mit der Aufbereitung von Medizinprodukten befassten Mitarbeiter die erforderliche Sachkenntnis besitzen müssen und nicht Sie selbst. Sie befolgen also die rechtlichen Vorschriften. 

Aber verhaltenen Sie sich auch richtig und sinnvoll? Das ist meine Frage. Denn das, was Sie in einem guten Sachkundekurs lernen, haben Sie nicht im Studium gelernt. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. 

Exakt formuliert frage ich Sie?

Ist es richtig oder eventuell sogar ein Mangel, wenn Praxisinhaber/Innen den Standpunkt vertreten, sie selbst brauchten von dieser Materie, die mittlerweile zwischen 25 – 30 % ihrer täglichen Arbeit ausmacht – und das mit steigender Tendenz -  nichts im Detail zu wissen, denn dafür hätten sie ja im Zweifelsfall ihre Angestellten?

Oder sollten Sie zumindest die wesentlichen Grundlagen der gesetzlichen Vorschriften, der Durchführungsverordnungen und der möglichen Alternativen zur Erfüllung dieser Vorgaben selbst beherrschen? Und so nicht zuletzt auch den Nutzen erkennen können, der aus einer Befolgung der Vorschriften entstehen kann, wenn man Hygiene und Aufbereitung richtig durchführt?

Im Folgenden versuche ich, Ihnen dazu einige Informationen zu vermitteln. Es sind leider nur Fragmente. Das Thema ist zu komplex, um alle Facetten in einem einzigen Beitrag abzuhandeln. 

Ich mache Sie nur auf einige Punkte aufmerksam, die zum Teil auf einem gesundem Menschenverstand, wie das bei der Hygiene ja meistens der Fall ist, zum anderen auf meiner jahrzehntelangen Erfahrung beruhen.

1. Welchen Nutzen hat die Absolvierung eines solchen Lehrgangs für Sie?

Bei den beschäftigten Mitarbeitern handelt es sich meistens um jüngere Menschen, die sinnvollerweise auch mal den Arbeitgeber wechseln. Das würde ich sogar jedem nach 3 – 4 Jahren empfehlen, damit er auch mal eine andere Praxis sieht.

Meistens handelt es sich bei den Mitarbeitern auch um junge Damen, die naturgemäß  auch einmal schwanger werden können. Und dann?

In beiden geschilderten Fällen bilden Sie erneut aus, auf Ihre Kosten.

Aber es gibt noch ein viel wesentlicheres Argument: Ich selbst bin ungerne verantwortlich für etwas, von dem ich so gut wie nichts verstehe, also vom Wissen anderer und deren Glaubwürdigkeit abhängig bin. Abhängigkeit in wesentlichen Aspekten meiner beruflichen Tätigkeit – das macht mich unsicher und angreifbar. 

Und das Dritte, letztlich ausschlaggebende Argument:  Sie erhalten, wenn Sie sich nicht selbst kundig machen, nie die Chance, die Möglichkeiten einer nutzbringenden, kostensparenden Berücksichtigung der sowieso schon rechtsverbindlich durchzuführenden Maßnahmen kennenzulernen. Sie glauben gar nicht, wie viele Fehler Sie bei der Aufbereitung von Instrumenten machen können und welche Auswirkungen das auf Ihren Etat hat.

Und als Apercu: Sie können Ihre neuen Mitarbeiter auch selbst schulen. Denn solche Schulungen sind nach dem QM ja vorgeschrieben.

2. Das Problem der Begehung durch die Behörden

Der häufigste Anlass, sich mit dieser Materie auseinanderzusetzten, ist für Praxisinhaber erfahrungsgemäß eine bevorstehende oder schon mit Beanstandungen überstandene Begehung, besser gesagt: Die Angst davor, etwas falsch zu machen bzw. vor den nunmehr entstehenden, vermeidbaren Zusatzkosten oder gar einer Praxisschließung.

Was passiert eigentlich bei einer Begehung? Es steht, meistens nach entsprechender Voranmeldung und teils hektischen Aktivitäten der Vorbereitung und der damit verbundenen Unruhe in der Praxis, eines Tages ein sogenannter „Begeher“ vor Ihrer Tür, begehrt Einlass und möchte sich in Ihrer Praxis die Unterlagen, die Räumlichkeiten, die Organisation und die Durchführung aller Maßnahmen zum Thema Praxishygiene und Aufbereitung von Medizinprodukten ansehen. Er ist speziell darauf geschult, mögliche Schwachstellen aufzufinden, sie zu beanstanden und die Fehler zu dokumentieren, um die Sicherheit Ihrer Patienten und Mitarbeiter/Innen zu gewährleisten. Das ist die offizielle Version; und natürlich, um wie jeder andere von uns auch ein Erfolgserlebnis zu haben; das ist die inoffizielle Motivation.

Eine Zwischenbemerkung: Für den Staat ist das übrigens ein einträgliches Geschäft. Folgen Sie meiner groben Kalkulation: Sie zahlen pro Begehung im Durchschnitt € 500.-. Der Begeher führt an 3 Tagen pro Woche Begehungen durch. An den beiden restlichen Tagen der Woche werden die Berichte geschrieben.  Bei 45 Arbeitswochen pro Jahr, Urlaub und Krankheit schon einmal abgezogen, sind das ca. € 67.500.- pro Jahr Umsatz je Begeher. Glauben Sie, dass sein Jahresbruttogehalt diese Größenordnung erreicht?  Nein, es ist für den Staat bei der Erfüllung seiner gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben auch noch ein sehr gutes Geschäft. Je mehr Begeher, desto größer die Einnahmen. Es gibt in Deutschland inzwischen Hunderte von Begehern – und ich sehe noch kein Ende.

Zurück zur Begehung: Der erste Gesprächspartner, den ein Begeher anspricht, sind Sie, der Praxisinhaber. Sie sind sein „erster“ Eindruck und es hängt im wesentlichen von Ihrem Verhalten und auch von Ihrem Wissen ab, wie die Inspektion verläuft.

„Wie man in den Wald hereinruft, so schallt es heraus“, heißt es nicht umsonst im Volksmund.  Das wird mir von Kolleginnen und Kollegen, die diese Prozedur hinter sich haben, immer wieder bestätigt.

Gewinnt der Begeher den Eindruck, dass Sie als Praxisinhaber/In es mit diesem Thema ernst meinen, sich damit beschäftigt haben und ihm erste qualifizierte Rede und Antwort stehen können, haben Sie eine ungleich bessere Ausgangsposition, als wenn Sie sagen: „Das haben ich an meine beiden Mitarbeiterinnen Frau X und Frau Y delegiert. Sie werden Sie begleiten, Ihre Fragen  beantworten und ich stehe Ihnen dann später zur Verfügung.“ Wie denken Sie, wird sich der Begeher fühlen? Ein weiterer Grund, sich mit dieser Materie zu beschäftigen.

3. Welches sind die „Inhalte“ einer Begehung und was sollten Sie wissen?

Die zu stellenden Fragen und zu begutachtenden Ist-Situationen sind zumeist durch Checklisten festgelegt. Der Begeher hat da wenig Spielraum. Im Folgenden nenne ich einige wenige typische Beispiele:

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Haben und leben Sie ein Qualitätsmanagementsystem in Ihrer Praxis?

Ist Ihre Antwort der Hinweis, dass Sie selbstverständlich die dafür nötigen Unterlagen haben, folgen sicherlich Detailfragen. Können Sie die folgenden Fragen beantworten:

  • Was heißt „Qualitätsmanagement“?

  • Welche Ziele verfolgen Sie damit?

  • Was heißt bei Ihnen „Qualität“ und wer legt sie fest?

  • Welche Werkzeuge stehen zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung eines QM-Systems zur Verfügung?

  • Und wie haben Sie das gemacht?

  • Haben Sie Ihre Mitarbeiter geschult?

  • Und was wird bei Ihnen dokumentiert?

Und das Wichtigste aus meiner Sicht: Wissen Sie, welche Vorteile Sie aus einem gelebten QM-System für die Organisation der Abläufe und damit auch das Ergebnis Ihrer Tätigkeit erzielen können? Welche Vorteile es Ihnen bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter bringt? Wissen Sie, dass die Vermeidung von Fehlern wesentlich billiger ist, als im Nachhinein gemachte Fehler teuer zu beheben? Noch ein Grund dafür, sich damit zu beschäftigen.

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Der Begeher wird Sie auch fragen: Haben Sie Ihre Medizinprodukte klassifiziert und bereiten Sie sie entsprechend der Klassifizierung auf?

  • Welche Ihrer Produkte sind unkritisch, semikritisch oder kritisch? Haben Sie eine Aufstellung?

  • Welche sind semikritisch oder kritisch B?

  • Behandeln Sie sie gemäß den gesetzlichen Vorgaben während der einzelnen Arbeitsschritte auch entsprechend auf?

 

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Eine weitere Frage: Haben Sie für sich und Ihre Mitarbeiter eine Gefährdungsbeurteilung entsprechend den Vorschriften der Biostoffverordnung und gemäß den Technischen Regeln Nr. 250 für biologische Arbeitsstoffe durchgeführt?

  • Welche Schutzstufen kommen bei Ihnen und Ihren Mitarbeitern zur Anwendung?

  • Welche Konsequenzen sind mit dieser Einstufung verbunden?

  • Schulen Sie Ihre Mitarbeiter/Innen entsprechend der Vorschriften und wiederholen diese Schulungen jährlich oder alle zwei Jahre?

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Welche räumlichen Voraussetzungen sind in Ihrer Praxis für die Durchführung der Aufbereitung gegeben? Entsprechen Sie den gesetzlichen Vorschriften und hygienischen Anforderungen?

  • Stehen die erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung?

  • Steht Ihnen eventuell noch ein Bestandsschutz zu?

  • Haben Sie eine organisatorische Trennung zwischen unreinem und reinem Teil der Aufbereitung und wie ist er organisiert?

  • Entsprechen die Aufbereitungsschritte den gesetzlichen Vorgaben und folgen den Vorgaben der  sogenannten KRINKO-BfArM-Empfehlung? 

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Letzteres führt zur Frage: Wie erfolgt die Aufbereitung im Detail?

  • Kennen Sie alle einzelnen Arbeitsschritte von der Anwendung des Produktes am Patienten bis zur erneuten Anwendung am nächsten Patienten?

  • Wissen Sie, was Sie manuell oder maschinell aufbereiten müssen bzw. dürfen, wo eine Vorreinigung erforderlich ist, um Erfolg zu haben?

  • Was darf desinfiziert angewendet werden, was muss sterilisiert werden?

  • Wie haben die einzelnen Prozesse abzulaufen?

  • Welchen gegenseitigen Einfluss haben die eingesetzten Chemikalien auf den Erfolg der Aufbereitung und die Lebensdauer Ihrer Instrumente?

  • Welche Geräte müssen und welche sollten Sie haben? Das kann von Praxis zu Praxis ganz unterschiedlich sein.

  • Was muss „validiert“ werden und wer sollte validieren?

  • Welche Routinekontrollen müssen durchgeführt und dokumentiert werden?

Und aus meiner Sicht: Wissen Sie, wie viel Geld Sie möglicherweise zum Fenster hinauswerfen, wenn Sie hier vermeidbare Fehler machen? Denken Sie nur an die Kosten der Anschaffung von Übertragungsinstrumenten und deren Reparatur.

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Eine weitere wahrscheinliche Frage: Verfügen die mit der Aufbereitung von Medizinprodukten beauftragten Mitarbeiter/Innen über die geforderte Sachkunde?

Es gibt eine Vielzahl von Anbietern solcher Kurse; leider ist ein großer Teil davon das Geld nicht wert, das Sie dafür ausgeben. Leider gilt dies auch für Angebote von Kammern und kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Ich kenne keinen Kurs einer dieser Institutionen, der Sie unabhängig, umfassend und vor allem richtig informiert.

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 An dieser Stelle eine letzte Frage: Führen Sie die jährlich vorgeschriebenen Trinkwasserproben durch und wie sind die Ergebnisse? Und was machen Sie, wenn Sie einmal nicht in Ordnung sind? Schließen Sie dann Ihre Praxis?

Es gibt eine Reihe gesetzlicher Vorgaben, die man nicht diskutieren kann. Die Frage ist nicht, ob sie evident und logisch sind, sondern ob das Gesetz sie fordert. Dann hat der Gesetzgeber und der Begeher immer Recht.

Und dann gibt es wie überall eine Grauzone, mögliche Alternativen, die sowohl den gesetzlichen Vorgaben wie auch den eigenen ethischen Ansprüchen genügen können. Die gilt es zu kennen.

Und es gibt die vielen Anbieter von Geräten und Dienstleistungen, die Ihnen alles mögliche verkaufen wollen, ob es notwendig ist, ob es für Ihre individuelle Praxissituation sinnvoll ist, ob es zu dem von Ihnen gewünschten Erfolg einer sachgerechten Hygiene und Aufbereitung Ihrer Medizinprodukte beiträgt oder nicht. Verkäufer leben vom Verkauf und der Provision auf den erzielten Umsatz, nicht von der Richtigkeit Ihrer Entscheidung unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten.

Ich wage eine Behauptung:  Das alleine sind bereits genügend Gesichtspunkte, sich mit der besprochenen Materie als Praxisinhaber einmal selbst auseinanderzusetzen, bevor man die Mitarbeiter schulen lässt.  Die Kosten dieses Sachkundekurses – es sind weniger als 500 € - haben Sie schnell und schon vor einer Begehung verdient.

Und es hilft Ihnen als Praxisinhaber ganz wesentlich, wenn Sie Geräteherstellern oder Depotvertretern nicht glauben müssen, was sie Ihnen verkaufen wollen, sondern die Richtigkeit, den Sinn und den Nutzen Ihrer Investition selbst beurteilen können. 

Und es schadet Ihnen auch nicht, wenn Sie auf diese Art und Weise erfahren, wie Sie durch die richtige Aufbereitung Ihres Instrumentariums dessen Lebenszeit wesentlich verlängern können, um Kosten zu sparen. 

Und gegenüber Ihren Mitarbeitern zu zeigen, dass Sie das Thema ernst nehmen, sorgt auch leichter für die entsprechende Akzeptanz, als wenn es als reines „Muss“ verkauft wird. 

Übrigens: Der von uns angebotene Online-Sachkunde-Kurs ist der einzige seiner Art, der eine staatliche Zulassung hat und inhaltlich wie didaktisch geprüft wurde, bevor seine Zulassung erfolgte. Und er ist der einzige Kurs, der Ihnen und Ihren Mitarbeitern mehr bietet als die reine Vorbereitung auf die Erfüllung rechtlicher Forderungen, sondern Ihnen anhand praktischer Beispiele auch den möglichen wirtschaftlichen Nutzen aufzeigt. Und das online, ohne dass Sie bei der täglichen Arbeit fehlen und Reise- und Hotelkosten verursachen. 

Wenn Sie dann anschließend, nachdem Sie die Grundkenntnisse selbst erworben haben, noch eine unabhängige Beratung und eventuell sogar deren Umsetzung in der Praxis vor einer Begehung nutzen, weil dies wirtschaftlicher für Sie ist als es selbst oder durch Ihre Mitarbeiter zu machen – Stichwort „Arbeitsteilung“ -  werden Sie jedem Gegenüber mit der nötigen Sicherheit auftreten können, die für Ihre Praxis richtigen Entscheidungen zu treffen in der Lage sein, ein gutes Gewissen haben und ruhig schlafen.

Selbst wenn am nächsten Morgen der Begeher vor der Tür stehen sollte.

 Prof. Dr. Gerhard Hücker, Kelkheim/Ts.