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Prüflabor

Probleme bei der mikrobiologischen Leistungsbeurteilung

Dampfsteri

Ziel einer mikrobiologischen Leistungsbeurteilung

Die ISO 11135-1:2007 definiert in 9.3.2.1 das Ziel der mikrobiologischen Leistungsbeurteilung wie folgt:

„Bei der mikrobiologischen PQ muss nachgewiesen werden, dass bei Anwendung des Sterilisationsprozesses die festgelegten Anforderungen an die Sterilität erfüllt werden.“

Gemäß EN 556-1, 4.1 gilt:

Für ein in der Endverpackung sterilisiertes Medizinprodukt, das als „STERIL“ gekennzeichnet werden soll, muss die theoretische Wahrscheinlichkeit, dass sich ein lebensfähiger Mikroorganismus auf oder in dem Produkt befindet, kleiner oder gleich 1 × 10-6 sein.“

Methoden zum Nachweis der Sterilität

Das Hilfsmittel zur Erreichung steriler Medizinprodukte sind Sterilisatoren bzw. Sterilisationsverfahren. Es ist bekannt, dass man mit Ethylenoxid Mikroorganismen abtöten kann. Es stellen sich jedoch zwei Fragen:

  1. Wie erreicht man einen Zustand, in dem für jedes Medizinprodukt einer Charge die Wahrscheinlichkeit von 1 × 10-6 oder weniger besteht, einen lebensfähigen Mikroorganism­us zu beobachten?
  2. Wie beweist man diesen Zustand?

Problem: Die mikrobiologischen Methoden haben pro Probe ihre Nachweisgrenze bei ca. 5 KBE.

Anstatt den Zustand der behandelten Medizinprodukte ex post zu analysieren, wird die Abtötungsrate eines Sterilisationsverfahrens bestimmt. Es existieren drei Methoden, mit denen man das Abtötungsverhalten (= den D-Wert) von reinen Sporenkulturen bestimmen kann:

  • die Enumerationsmethode,
  • die Fraktion-negative-Methode und
  • die Halbzyklusmethode.

1. Die Enumerationsmethode

Bei der Enumerationsmethode wird die Anzahl der überlebenden Keime durch direktes Auszählen der der kolonien-bildenden Einheiten (KBE) ermittelt.

Die Enumerationsmethode verlangt einen hohen Laboraufwand, da die Keimgewinnungstechnik validiert werden muss (Stichwort: Finde ich auch das wieder, was ich auf der Probe finden sollte?)

Es ist in der ISO 11138-1; Anhang C beschrieben.

Die Bestimmungsgrenze der Enumerationsmethode liegt bei ca. 5 × 101 KBE.

2. Die Fraktion-negativ-Methode

Bei der Fraktion-negativ-Methode1 wird eine definierte Anzahl identischer Proben (= biologischer Indikatoren) während des Versuchs an einer Stelle platziert. Aus dem Anteil der Proben, welche nach der Exposition noch Wachstum zeigen, wird errechnet, wie hoch die durchschnittliche Keimzahl pro Probe war.

Die Fraktion-negativ-Methode stellt keine besonderen Bedingungen an das mikrobiologische Labor, da die Proben nur auf „Wachstum“ bzw. „kein Wachstum“ geprüft werden. Es werden industriell gefertigte biologische Indikatoren verwendet und man verlässt sich auf die Angaben des Herstellers zur Ausgangskeimzahl.

Die Fraktion-negativ-Methode ist in der ISO 11138-1; Anhang D beschrieben.

Die Bestimmungsgrenze der Fraktion-negativ-Methode liegt bei ca. 1 × 10-2KBE.

3. Die Halbzyklus-Methode

Die Halbzyklus-Methode ist kein Verfahren zur D-Wert-Bestimmung einer Population. Vielmehr weist man nach, dass ein bestimmter Prozess ein so hohes Maß an Abtötungsleistung aufweist, dass die behandelten Produkte mit Sicherheit als steril angesehen werden können.

Es werden industriell gefertigte biologische Indikatoren verwendet; man verlässt sich auf die Angaben des Her­stellers zur Ausgangskeimzahl. Die biologischen Indikatoren werden einem Prozess ausgesetzt, bei dem alle Mikroorganismen abgetötet werden. Dadurch führt man den Nachweis, dass eine bestimmte Prozessdauer geeignet ist, eine Keimabtötungsleistung von ca. 106 zu gewährleisten. Anschließend verdoppelt man die Prozessdauer und kann deshalb von einer Keimabtötungsleistung von 1012 ausgehen.

Die Fraktion-negativ-Methode stellt keine besonderen Bedingungen an das mikrobiologische Labor, da die Proben nur auf „Wachstum“ bzw. „kein Wachstum“ geprüft werden.

Die Fraktion-negativ-Methode ist in der ISO 11135-1; Anhang B beschrieben.



1Man unterscheidet noch zwischen dem Holcomb-Spearman-Karber-Verfahren und dem Stumbo-Murphy-Cochran-Verfahren. Beide Verfahren unterscheiden sich durch den Weg der D-Wert-Bestimmung: Beim Stumbo-Murphy-Cochran-Verfahren wird für jeden Testlauf ein D-Wert berechnet und anschließend die D-Werte gemittelt. Beim Holcomb-Spearman-Karber-Verfahren wird dagegen die durchschnittliche erwartete Zeit bis zum Erreichen ausschließlich negativer Ergebnisse gemittelt und daraus der D-Wert berechnet.

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Ein Artikel aus dem Vortrag "Beurteilung der Aufbereitungs- und Sterilisationsprozesse für Medizinprodukte", 12-13. Juni 2013.

Autor: Bjarne G. Hücker, Geschäftsführer "Hücker & Hücker GmbH".